Einführung

Präventive Sicherheitssysteme auf Basis von Radar- und Kamerasystemen finden in aktuellen Fahrzeugmodellen weite Verbreitung. Zu diesen Systemen zählen zum Beispiel die Auffahrwarnung mit Notbremsfunktion, die Spurverlassenswarnung oder die Spurwechselwarnung.

Nach der Einführung dieser Fahrerassistenzsysteme sind mittlerweile auch präventive Fußgängerschutzsyste, erhältlich und die Zahl der verfügbaren Modelle mit diesen Systemen wird in den kommenden Jahren deutlich steigen. Eine Vielzahl dieser Assistenzsysteme wird in Zukunft im Rahmen des europäischen Neuwagen-Bewertungs-Programm (European New Car Assessment Programme, Euro NCAP) durch neue Testmethoden untersucht und bewertet werden – zusätzlich zu den passiven Sicherheitssystemen (Airbags, Rückhaltesysteme, etc.).

Ziel bei der Entwicklung der präventiven Schutzsysteme ist, eine hohe Schutzwirkung im realen Unfallgeschehen zu erreichen. Dazu müssen potenzielle Gefahrensituationen frühzeitig erkannt und Systemaktionen ausgelöst werden. Gleichzeitig sollen sogenannte Falschauslösungen
verhindert werden, das heißt, es sollen keine unnötigen Warnungen in unkritischen Situationen an den Fahrer ausgegeben werden.

Neben den klassischen Fahrerassistenzfunktionen auf Basis von Sensoren im Fahrzeug wird zukünftig durch die Fahrzeug-Fahrzeug- und Fahrzeug-Infrastruktur-Kommunikation (Car-to-X) ein weites Gebiet an zusätzlichen Komfort- und Sicherheitsanwendungen erschlossen. Durch den Datenaustausch zwischen Fahrzeugen erhöht sich die mögliche Vorausschau. Gefahren werden schon lange bevor sie für den Fahrer sichtbar sind, erkannt. Bei den übertragenen Daten handelt es sich beispielsweise um Positionsinformationen, Zustandsdaten oder Ereignisse, die vom empfangenden Fahrzeug aus mit lokalen Sensoren in der Regel nicht erfasst werden können.

Die Positionsdaten der Kommunikationspartner werden von diesen selbst durch ein globales Navigationssatellitensystem (GNSS) ermittelt und übertragen. Zusammen mit der eigenen „globalen“ Position wird die relative Position anderer Fahrzeuge zum eigenen Fahrzeug ermittelt und zur Erkennung von Gefahrensituationen genutzt. Die Verfügbarkeit und Qualität der satellitengestützten Positionsbestimmung beider Kommunikationspartner bestimmt somit die Qualität der relativen Positionsbestimmung.

Im Vergleich zu Sensorsystemen im Fahrzeug, die eine Ortung anderer Verkehrsteilnehmer häufig mit einer Genauigkeit < 1 m zulassen, bietet die satellitengestützte relative Positionierung oftmals eine Genauigkeit > 1 m. Verletzliche Verkehrsteilnehmer, wie Fußgänger und Radfahrer, werden in diesem kooperativen System nicht adressiert.

Aktuelle Feldtests auf nationaler Ebene (Projekt simTD) und europäischer Ebene (Projekt Drive Car2X) testen solche Car-to-X-Technologien. Sie bereiten die politischen, wirtschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen für eine Einführung von Fahrzeug-Fahrzeug- und Fahrzeug-Infrastruktur-Vernetzung vor.

Im Forschungsprojekt Ko-TAG im Rahmen der Forschungsinitiative Ko-FAS werden neue kooperative Sensortechnologien entwickelt, die auch zum Schutz der sogenannten verletzlichen Verkehrsteilnehmer (engl. vulnerable road user, VRU) beitragen können. Diese Technologien überwinden Sichtverdeckungen und ermöglichen gleichzeitig eine exakte relative Positionierung.

Dazu wird im Frequenzband bei 5,7 bis 5,9 GHz, das zum Teil auch für Car-to-X-Anwendungen vorgesehen ist, eine Funkortung bei gleichzeitigem Datenaustausch durchgeführt. In dieser Ausprägung können Transponder, die beispielsweise auch von Fußgängern getragen werden, von einem Fahrzeug geortet werden. Der Träger des Transponders wird hier eindeutig als Fußgänger klassifiziert. Die Anonymität des Fußgängers ist dabei gesichert, da nur der Typ des Verkehrsteilnehmers übertragen wird und keine Zuordnung zu einer konkreten Person möglich ist.

ie Kombination aus exakter relativer Positionsbestimmung auch bei Sichtverdeckung und der Übertragung von relevanten Daten vereint die Vorteile von fahrzeuglokalen Sensoren mit denen der Kommunikationstechnologie. Eine Integration der Transponderfunktionalität in mobile Endgeräte, beispielsweise Smartphones, kann dabei zu einer schnelleren Verbreitung der kooperativen Technologie führen, als dies bei „reinen“ Fahrzeug-Fahrzeug-Anwendungen möglich wäre.

Bereits in den Forschungsprojekten Amulett und Watch-Over wurden die Ansätze der Transponderortung bei 2,4 GHz verfolgt. Das Projekt Ko-TAG greift die dort gewonnen Ergebnisse auf und erschließt Synergien zu existierenden Kommunikationslösungen bei 5,9 GHz. Das verwendete Verfahren lehnt sich an das Prinzip des Sekundärradars an, das in der Luftfahrt zur Ortung und Identifikation verwendet wird.




Die Texte in der Rubrik Ko-TAG basieren auf dem Manuskript, das für einen Artikel im Fachmagazin ATZ Elektronik, Ausgabe Oktober 2012 erstellt wurde.