Simulation


Die Untersuchung der bereits genannten Systeme hinsichtlich ihrer Wirksamkeit zur Vermeidung von Kollision bzw. der Linderung deren Folgen erfolgt anhand einer simulativen Betrachtung realer rekonstruierter statistisch relevanter Unfälle aus der GIDAS Datenbank.

Simulationstool – Umfelddarstellung

Als Simulationstool findet das Fahrdynamiksimulationsprogramm CarMaker in Kombination mit Matlab/ Simulink, ergänzt um einen Ansatz zur effizienten Darstellung der komplexen Kreuzungsumgebung, Verwendung. Die möglichst reale Abbildung der Umgebung in der Simulation ist notwendig, um die Einflüsse von Verdeckungen, Funkabschattungen und der Funkausbreitung möglichst realistisch in den einzelnen Szenarien bewerten zu können. Das digitale Umfeld wird auf Basis eines bereits für die Stadt Dresden existierenden 3D-Stadtmodells, der in der GIDAS Datenbank hinterlegten Unfallskizzen sowie zusätzlicher aus Fotos abgeleiteter Daten wie Verkehrszeichen, Straßenmarkierungen oder Beleuchtungseinrichtungen, usw. abgeleitet und in Form einer Structure der Simulation zur Verfügung gestellt. Die Daten werden innerhalb der Structure nach Elementklassen sortiert, sodass ebenso eine klare Ordnung als auch eine zielgenaue Abfrage gewährleistet werden kann. Die Ordnung der Daten erfolgt in der Matlab Umgebung, um die sichere Verwendung in Simulink zu garantieren.




Struktur der digitalen Umfelddarstellung




Methodik zur Erstellung der Simulationsumgebung

Simulationsszenarien

Die in Ko-KOMP definierten Use-Cases beziehen sich auf städtische Kreuzungen. Daher wurden durch das HHI umfangreiche Funkkanalmesskampagnen an Kreuzungen durchgeführt, um den entsprechenden Funkkanal zu charakterisieren und eine belastbare statistische Aussage über die Funkübertragung, basierend auf dem IEEE 802.11p Kommunikationsstandard, zu treffen.
Für die Simulationen finden insgesamt vier verschiedene Kreuzungskategorien Verwendung, die sich in ihren Eigenschaften hinsichtlich der Wellenausbreitung bzw. dem Zeitpunkt der Sichtverbindung zwischen den beteiligten Objekten unterscheiden und folgendermaßen aufgebaut sind:

Typ Beschreibung
K1    Sichtverbindung nicht vorhanden, keine Reflexion über weitere große Gegenstände möglich (z.B. Gebäude).
K2 Sichtverbindung nicht vorhanden, Reflexion über weitere große Gegenstände möglich (z.B. Gebäude).
K3 Sichtverbindung verhindert durch kleinere Gegenstände (parkende Fahrzeuge, Vegetation).
K4 Sichtverbindung vorhanden (ab einer Mindestdauer von 2,6s bis zur Kollision).



Kreuzungstypen

Insgesamt wurden 20 Kreuzungen im Großraum Berlin vermessen und ausgewertet. Im Anschluss an die Messungen wurde die Kategorisierung überprüft und angepasst. Dieses iterative Vorgehen führte zu einer belastbaren Kategorisierung der Kreuzungen nach Kriterien der Funkübertragung.




Paketempfangswahrscheinlichkeit in Abhängigkeit vom Ort

Die Ergebnisse der Übertragungssimulation fließen in die Gesamtsimulation in Form von Paketempfangswahrscheinlichkeiten ein. Diese werden in Abhängigkeit des Abstandes der Fahrzeuge bis zum Ende der Sichtverdeckung (Übergang NLOS zu LOS) erstellt. Dabei wird eine Unterteilung des Abstands in 10m-Schritte vorgenommen. Für den Fall LOS wird nur eine einzelnePaketempfangswahrscheinlichkeit verwendet, da diese aufgrund der kurzen Abstände an einer Kreuzung nahezu ortsunabhängig ist.

Insgesamt werden im Rahmen der Untersuchungen 35 verschiedene Simulationsszenarien betrachtet.
Die Simulation dieser Szenarien erfolgt jeweils aus der Perspektive beider Beteiligter. Um eine allgemeingültigere Aussage, losgelöst von dem einzelnen auf Basis der vorliegenden Informationen rekonstruierten Unfall, treffen zu können, werden neben den unverzögerten Originalfällen noch zusätzliche Variationen im Annäherungsverhalten vorgenommen, welche sich in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Sichtverbindung im Verhalten des Ego-Fahrzeugs unterscheiden. Gegenüber dem ungebremsten Basisfall erfolgt bei den Variationen ein Bremseingriff, differenziert nach drei Reaktionszeiten und zwei Bremsintensitäten. In Summe liegen so je Szenario 14 Variationen vor.




Variation der Simulationsszenarien

In einigen dieser Fälle wird die Variation dazu führen, dass keine Kollision mehr stattfinden wird. Diese Fälle neben weiteren speziell generierten „False Positive Szenarien“ werden dazu genutzt, um die Schutzalgorithmen gegenüber Falschauslösungen zu testen.

Wirksamkeitsbetrachtung/Crashrechnung

Die Simulation liefert je nach Ausgangssituation die Informationen, dass eine Kollision entweder komplett vermieden werden konnte oder die neuen Kollisionsparameter, welche als Input für die nachgeschaltete Crashrechnung genutzt werden. Als Parameter finden die neue Kollisionskonstellation in Weltkoordinaten, der aktuelle Gierwinkel in Weltkoordinaten sowie Gierrate, Längs- und Quergeschwindigkeit des Ego-Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Kollision Verwendung.

Da die Crashrechnung sowohl für den Originalunfall als auch für die nachsimulierten Fälle mit aktiver Schutzfunktion durchgeführt werden, lässt sich aus dem Vergleich der beiden Fälle ein Rückschluss auf die Systemwirksamkeit ziehen. Diese Information findet wiederum weitere Verwendung in der nachgeschalteten Nutzwertanalyse.